terre thaemlitz writings
執筆

Transgender Todschick
Subtitle
 
- Terre Thaemlitz


(Austria: Kleine Zeitung, No.12, October 1999, pp.21-24) Four page photo essay and text on violence and discrimination against transgendered and transsexual people. Concept, design, photography, photo manipulation, and text by Terre Thaemlitz; original photos of Terre by Bart Nagel.

 

Transgenderismus heiBt: die Grenzen der Geschlechter überschreiten; entweder durch das äuBere Erscheinungsbild oder dadurch, wie man sich verhält. Zu den Transgendern zählen Transvestiten oder aber auch Menschen, die mit nicht definierbaren oder sowohl männlichen als auch weiblichen Genitalien geboren wurden. Aber auch solche, die sich einer Operation oder einer Hormontherapie unterziehen, um ihr Aussehen zu ändern. Wir betrachten gewöhnlich die Unterschiede zwischen den Geschlectern als etwas sehr Natürliches. Tatsächlich aber ist es so, dass es tieren. So wurden Frauen, die Hosen trugen, vor hundert Jahren noch als unnatürlich angesehen.

Jetzt können wir darüber lachen, aber heutzutage wird es immer noch nicht akzeptiert, wenn Männer Kleider tragen. Der Kampf für Transgender-Rechte ist mehr als nur Modeausdruch - deine Mutter kann zwar Hosen tragen, aber die Angst vor Homosexuellen und geschlechtsspezifische Vorurteile sind schuld daran, dass es für Frauen noch immer gefährlich ist, zu männlich auszusehen. Oder für Männer, zu weiblich auszusehen. Oder für Transsexuelle, ihren Körper so zu verändern, wie sie es wünschen. Ein Kind, das als Zwitter zur Welt kommt, wird durch Operationen immer noch gleich nach der Geburt "Korrigiert" und dazu gezwungen, als "Bub" oder "Mädchen" zu leben, obwohl niemand wissen kann, ob sich diese Kinder später als Männer, Frauen, beides oder keines von beidem empfinden werden. Mehr als hundert Jahre nachdem der Deutsche Dr. Magnus Hirschfield - von dem es heiBt, dass er Transvestit war - im Jahr 1897 die erste Organisation zur Befreiung Schwuler gegründed hat, werden Transsexuelle und Transvestiten weltweit nach wie vor ermordet, misshandelt, verhaftet, strafrechtlich verfolgt, gekündigt und öffentlich erniedrigt.

Die Medien ignorieren sie, von den Bürgerrechten sind sie ausgeschlossen und in den Verbrechensstatistiken scheinen sie nicht auf. Deswegen müssen die Mitglieder der Transgender-Gemeinschaft ihre Toten selbst zählen. Im Durchschnitt wird in den USA jeden Monat ein Transsexueller ermordet, genauso wie in den meisten europäischen Ländern. In wirtschaftlich benachteiligten Staaten, wie etwa Mexiko, liegt die Rate noch weit höher. Mehr als die Hälfte der körperlichen Übergriffe wird von der Polizei begangen. Transsexuelle, Farbige und Personen mit niedrigem Einkommen sind die gefährdetsten Gruppen der Transgender-Gemeinschaft.

Selbst Schwulen- und Lesbenaktivisten distanzieren sich oft vonder Transgender-Gemeinde, weil sie ihre Interessen dadurch leichter durchsetzen können. Und das, obwohl eine US-Umfrage (durchgeführt von der National Gay & Lesbian Task Force, dem Center for Lesbian Rights und dem Gender PAC) erst kürzlich gezeigt hat, dass 28 Prozent der befragten Schwulen, Lesben und Biseluellen auch wegen ihrer Art, ihre Geschlechtszugehörigigkeit zu definieren, am Arbeitsplatz diskriminiert wurden.

AuBerdem beschränkt sich der Kampt um Gleichberechtigung der Geschlecter meist darauf, Rechte für Frauen durchzusetzen und dadurch weiterhin der Integration von Transgendern entgegenzutreten. Wenn es - so wie in San Francisco - tatsächlich Gesetze gibt, die die Rechte von Transgendern schützen, werden diese typischerweise noch immer von Polizei und Behörden ignoriert.

Durch das Vermitteln und das Respektieren von Rechten der Transgender werden nicht nur Transgender-Arbeitnehmer, sondern auch Schwule, Lesben, Biseluelle und Heterosexuelle, die ihre Geschlechtszugehörigkeit anders definieren als andere, geschützt. Transgenderismus ist nichts, wovor man Angst haben muss. Transgenderismus verstehen heiBt, allen Menschen zu helfen, angstfrei zu leben.