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Terre Thaemlitz: Die Roboter Rubato 18.5. Volksbühne
 
- Martin Pesch


In Zitty [Berlin], #10 May 1997.

 

Während um das noch dieses Jahr anstehende neue Kraftwerk-Album wilde Gerüchte kursieren und die Welt dem Auftritt der Düsseldorfer Herren beim Tribal Gathering Ende Mai in England entgegenfiebert, spielt Terre Thaemlitz ein paar alte Hits der Elektronik-Legenden nach. Wenn as so einfach wäre! Thaemlitz' Anfang dieses Jahres erschienene Platte Die Roboter Rubato (Mille Plateaux/EFA) präsentiert Piano-Versionen einiger Klassiker wie "Ruckzuck", "Computerwelt" und "Ätherwellen". Dem musikalischen Prinzip des Rubato entsprechend - also einer sich nicht an bestimmte Zeitmasse haltenden Darbietung -, erkennt man die Originale aber kaum wieder. Nur ab und an taucht eine bekannte Melodie in den Verdrehungen, Verzögerungen und der freien Tonassoziation auf. Das kingt manchmal wie die Solostücke von Keith Jarrett, ist aber mit einem gehörigen Überbau bestückt. Thaemlitz versieht seine Darbietung mit einigen bedeutsamen Tricks, die seine Coverversionene weit über eine blosse Hommage an Kraftwerk herausheben. In den umfangreichen Lindernotes zur Platte hat er dies im einzelnen dargelegt. Zum beispiel spielt er mit dem Gegensatz zwischen Mathematik und Emotion. Dass sein Piano digital generiert wird, entspricht dem technologischen Image von Kraftwerk; dass sein Spiel aber musikalische Ordnungen ignoriert, unterläuft die musikalische Karheit des Ausgangsmaterials. Thaemlitz versteht dies auch als Kritik an der von Kraftwerk stets unterschwellig mittransportierten Verbindung von Technologie und Maskulinität. Frauen tauchen bei ihnen nur noch als abseits dieser Verbindung liegende Images und Schatten auf (wie in "Das Model" oder "Der Telefonanruf"). Thaemlitz' Beschäftigung mit Kraftwerk ist geboren aus den Errungenschaften der Cultural Studies. Aber wer ist Terre Thaemlitz? Seit den späten achtziger Jahren experimentiert der New Yorker Musiker im Bereich der Ambientmusik. Dabei hat er immer die avancierteste Technologie benutzt und teilt nicht, wie viele seiner Kollegen, die Liebe für alte Moogs und analoge Maschinen. Er hat ein eigenes (Only Vinyl-)Label, Comatonse, arbeitet als DJ und hat auf Instinct mehrere Platten veröffentlicht. Von internationalen Grössen wie Mixmaster Morris und The Orb wird er dafür schwer gelobt. Ausserdem hat er mit Bill Laswell zusammengearbeitet, und für die nahe Zukinft steht eine Kollabortion mit Scanner an. Wenn Thaemlitz jetzt zum ersten Mal in Berlin auftritt, ist dies eine Gelegenheit, mit einem Künstler bekannt zu werden, der seit Jahren der Lower-East-Side-Variante von Ambient arbeitet - dessen Werk aber hierzulande vollkommen unbekannt ist.